Geschrieben von: Robert Mertens | Letztes Update: 

Studie: Sprachbegabung ist wichtiger als Mathe beim Programmieren

Du bist nicht gut in Mathe und deshalb traust Du es Dir nicht zu Programmierer zu werden? Laut einer aktuellen Studie der Universität von Washington sind die sprachlichen Fähigkeiten zum Erlernen einer Programmiersprache um einiges wichtiger.

Im Rahmen einer im März 2021 veröffentlichen Studie haben die Forscherinnen und Forscher der Universität von Washington folgendes herausgefunden:

Sprachliche Begabungen korrelieren viel eher mit den nötigen Fähigkeiten, eine Programmiersprache zu erlernen, als grundlegende Rechenfähigkeiten oder Mathekenntnisse. Laut den Forschungsergebnissen ist das Erlernen einer Programmiersprache viel enger mit der Fähigkeit verbunden, eine neue Sprache zu lernen, als bisher angenommen.

Beim Erlernen einer neuen Programmiersprache müssen sich die Schüler den Syntax, das Vokabular und die Grammatik aneignen. Darüber hinaus müssen sie genau verstehen, wie die einzelnen Faktoren beim Kommunizieren von Zielen/Intentionen zusammenspielen. Dieser Prozess ist so gut wie äquivalent zum Erlernen einer Fremdsprache. Weitere ausschlaggebende Faktoren für den Lernerfolg sind eine gute Arbeitsgedächtnisleistung und allgemeine Problemlösungskompetenzen.

Für die Korrelation von Mathekenntnissen und Programmierfähigkeiten gibt es keine Datengrundlage

Viele Menschen entscheiden sich gegen das Erlernen einer Programmiersprache aufgrund der Annahme, dass mathematische Fähigkeiten eine Grundvoraussetzung darstellen. Laut Chantel Prat (Associate Professor an der Universität Washington), der federführenden Autorin der Forschungsstudie, gibt es für diese Annahme keine Datengrundlage. Natürlich ist das Erlernen einer Programmiersprache nicht einfach, jedoch wird das Coden in unserer zunehmend digitalisierten Welt immer mehr zu einer Schlüsselkompetenz.

Im Rahmen der Forschungsstudie untersuchten die Wissenschaftler die neurokognitiven Fähigkeiten von über 36 Erwachsenen. Zuerst wurden die Versuchsteilnehmer im Hinblick auf ihre mathematischen und sprachlichen Fähigkeiten sowie auf ihre Denkfähigkeit getestet. Danach mussten die Teilnehmer mehrere Aufgaben und Online-Unterrichtseinheiten rund um die bekannte Programmiersprache Python absolvieren.

Am erfolgreichsten waren Versuchspersonen, die sowohl über ausgeprägte sprachliche Fähigkeiten als auch über eine hohe Problemlösungskompetenz verfügten. Weitere Versuche, mit denen die Forscher überprüfen können, ob sich die Ergebnisse auch auf weitere Programmiersprachen übertragen lassen, deren Syntax nicht so nah an unserer natürlichen Sprache liegt wie bei Python, befinden sich bereits in der Planung.

Die Vorurteile müssen verschwinden

In unserer heutigen Arbeitswelt gelten Programmierkenntnisse definitiv als Karriere-Boost, der den Codern viele berufliche Möglichkeiten eröffnet. Leider wird das Programmieren hauptsächlich mit Technik und Mathematik in Verbindung gebracht. Die universitären Angebote zum Erlernen von Programmiersprachen zählen fast ausschließlich zu den Fachbereichen Ingenieurswesen und Informatik.

Eine weitere Forschungsstudie der Universität von Washington bewies in diesem Zusammenhang eindrücklich folgendes:
Die vorhandenen, formalen Voraussetzungen zum Erlernen einer neuen Programmiersprache verstärken das Vorurteil, dass das Coden eine Tätigkeit sei, die sich traditionell eher für Männer eignet. Von diesem Vorurteil lassen sich leider viele Frauen entmutigen und wollen deshalb keine Programmiersprache erlernen.

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